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„Am Beispiel Ahrweiler einen Push für nachhaltige Energiekonzepte geben“ - Ein Gespräch mit Dr. André Schaffrin, Koordinator unseres Projektes EnAHRgie

Dr. André Schaffrin vor Kunstwand im EA Lab in der European Academy.

(Dieser Beitrag erschien erstmals am 11.8.17 im Hausblog der EA European Academy.)

Als neuer Kommunikationsreferent und Elternzeitvertretung von Katharina Mader spricht Ansgar Skoda mit Dr. André Schaffrin über seine Tätigkeit als Leiter des EnAHRgie-Projektes. Im Interview berichtet André Schaffrin über aktuelle Herausforderungen als Teamkoordinator, Reallabore, Bottom-up-Prozesse, seine Interessens- und Forschungsschwerpunkte und über die von ihm betreuten Projekte.

Sie machten Ihre Promotion in den Politikwissenschaften. Zuvor absolvierten Sie ein Diplomstudium der Soziologie.Woher kam hier Ihr Interesse am Bereich Energie?

Ich habe in Mannheim studiert und da ist Soziologie ein Querschnittsthema, bei dem man unterschiedliche Schwerpunkte bis hin zu den Gender Studies setzen kann. Ein Seminar zur Umweltsoziologie hat mich besonders angesprochen, weil ich hier das Know-How von sozialen Gefügen und vom sozialen Wandel in Gesellschaften gut verknüpfen konnte mit meinem privaten Interesse für Ressourcenschonung, Umweltschutz und Klimaschutz. Da konnte ich mich einlesen und meine Diplomarbeit mit in Beziehung setzen. In meiner Diplomarbeit ging es um die Verknüpfung von sozialer Gerechtigkeit und Wohlfahrt und Klima- und Umweltschutz. Wie geht das zusammen miteinander und wo gibt es Widersprüche und Hemmnisse? Hier versuchte ich im internationalen Vergleich zu erklären, warum manche Länder besser und manche schlechter aufgestellt sind. Über den Themenschwerpunkt Klimaschutz kam ich dann in meiner Doktorarbeit auf das Thema Energie, weil sich das stark überschneidet. Das soziologische oder politikwissenschaftliche ist einfach, dass Energie alles bestimmt, was wir machen. Wir brauchen Energie für Licht und Wärme, für Mobilität und Kommunikation, um Gegenstände herzustellen oder Gebäude zu bauen und sogar um Lebensmittel zu erzeugen und zu verteilen. Alles gesellschaftlich geformte wird durch Energie getrieben, egal in welcher Form. Aber die Art, wie wir Energie verbrauchen, erzeugen und nutzen ist gesellschaftlich stark beeinflusst. Energie liefert nur Grundvoraussetzungen, um überhaupt gesellschaftlich aktiv zu sein. Ressourcenmangel von Kohle und Gas erzeugt Kriege und Auseinandersetzungen. Gleichzeitig determinieren unser Verhalten im Alltag, unsere Mobilitätsgewohnheiten, aber auch internationale Beziehungen und Verflechtungen ganz stark, in welcher Form wir Energie erzeugen und welchen Bedarf es gibt. Das Spannende ist, dass es für ein globales Problem wie den Klimawandel oder Ressourcenknappheit nicht bloß technische oder ökonomische Lösungen geben sollte, sondern vor allem gesellschaftliche.

Was kann man sich unter Ihrem Projekt INOGOV vorstellen?

INOGOV ist eine COST Action von der EU. Es handelt sich hierbei um ein Netzwerk, in dem Projekte im Bereich Klimapolitik und Politikinnovation koordiniert werden. Hier wird in Tagungen das Wissen, dass in anderen Projekten entwickelt wurde, zusammengebracht und weiter gefördert, auch durch Publikationen. Thematisch geht es darum, inwiefern regulativ oder über andere Instrumente durch nationale Regierungen der Klimaschutz oder die Energiewende gesteuert werden können. Es gibt für die Projektarbeit regelmäßige Treffen. INOGOV ist vom Umfang her wesentlich kleiner als mein Hauptprojekt EnAHRgie. Entstanden ist die Idee für eine COST Action bereits vor meiner Zeit bei der EA. Zwei Kollegen und ich haben da auf einen Call-for-Papers geantwortet und einen Beitrag für ein Special Issue zu Politikinnovationen im Bereich Klima und Energie bei einer internationalen Fachzeitschrift verfasst. Aus der Gruppe, sie sich um das Special Issue gekümmert hat, ist ein Antrag entstanden für eine COST Action der EU. Als diese dann durchging bot ich mich an, als Mitglied des Management Committees zusammen mit einer Professorin Jale Tosun aus Heidelberg Deutschland zu vertreten. Seitdem bin ich bei INOGOV mit dabei. Das INOGOV-Projekt vertrete ich in der EA alleine. Hier gibt es jährlich zwei Treffen.

Kommen wir dann gerne direkt zu EnAHRgie. Wie gestaltet sich dieses Projekt?

Wir entwickeln und schreiben hier für den Landkreis Ahrweiler ein Energiekonzept. Dadurch ist Ahrweiler eine Modellregion. In Ahrweiler kommen viele Herausforderungen wie starke Landnutzungskonkurrenzen zwischen Umwelt- und Naturschutz, Gewerbeansiedlungen, Freizeitgestaltung, Siedlungsflächen und Ähnliches für die Energiewende zusammen. Es ist zum Beispiel nicht leicht, die Ressourcen zusammenzubringen und die Flächen, die man braucht, um eine Biogasanlage zu bestücken. In Ostdeutschland hat man etwa einen großen Betrieb, der aus ehemaligen LPG hervorgegangen ist, und der stemmt das ganz alleine. Hier im Landkreis Ahrweiler gibt es überwiegend kleine Parzellenlandwirte. Diese Herausforderungen untersuchen wir im Landkreis Ahrweiler und schreiben ein Energiekonzept. Es geht nicht bloß um erneuerbare Energien, sondern auch um Effizienz und Energieeinsparungen, um Netze und Speicher, um Strom und Wärme. Das Ganze ist sehr umfassend. Alles, was wir im Landkreis lernen, wollen wir auf andere Landkreise übertragen. Das durch Bundesmittel finanzierte Forschungsprojekt soll Ergebnisse produzieren, die bundesweit einsetzbar sind. Um dies zu gewährleisten versuchen wir die Lösungen, die wir hier erarbeiten in übertragbare Tools und Instrumente umzusetzen, wie Softwaretools, Leitfäden und Methoden, die man jemanden in die Hand drücken kann, der aus einem anderen Landkreis kommt. Wir überlegen, was sich nach welchen Kriterien übertragen lässt. Unser Projekt hat unterschiedliche Phasen. Bis Ende des Jahres sind wir in Ahrweiler fertig. In den letzten anderthalb Jahren geht es dann darum, die Ergebnisse aus dem Projekt übertragbar zu machen. Testweise sollen dann die übertragbaren Instrumente und Methoden in anderen Landkreisen ausprobiert werden. Die Besonderheit des Projektes ist seine Innovationsgruppe, also ein Team aus WissenschaftlerInnen und lokalen Praxispartnern, die gemeinschaftlich das Energiekonzept für Ahrweiler ausarbeiten. Und wir wollen gerade im Landkreis Ahrweiler den Übergang gewährleisten. Die Bürgerinnen und Bürger vor Ort sollen genug Kenntnisse haben und motiviert werden.

Wie binden Sie die Bürgerinnen und Bürger vor Ort im Landkreis Ahrweiler in das EnAHRgie-Projekt ein?

Wir versuchen alle, die mit Energie etwas zu tun haben, die Verantwortung, das Know-How, finanzielle Ressourcen und Ähnliches haben, in unser Projekt einzubinden. Das Energiekonzept muss mit den Leuten vor Ort so gut wie möglich abgestimmt sein. Die im Projekt vorgesehene Bürgerbeteiligung läuft. Wir organisieren Fokusgruppen auch mit Jugendlichen, einen runden Tisch für Verbände und Vereine, wir sprechen mit Bürgermeistern, politischen Parteien. Für August bis Oktober sind unterschiedliche Veranstaltungen geplant. Wir sind über unsere Pressearbeit sehr aktiv. In einer Bevölkerungsumfrage konnten auch die Bürgerinnen und Bürger ihre Meinung kundtun. In vier Fallstudien werden wir konkrete Anwendungsbeispiele angehen. Wir hatten direkt im Landkreis zur Einreichung von Vorschlägen aufgerufen. Hier gab es über dreißig Einsendungen, aus denen wir vier ausgewählt haben. Diese Beispiele laufen jetzt gerade, um unser Energiekonzept so robust wie möglich zu machen. Die eingebundenen Personen überlegen jetzt schon für die Zeit nach dem Projekt, wer zukünftige Maßnahmen finanziert. Wer setzt sich selbst eine Anlage auf das Dach? Hier sind sowohl Privatakteure als auch Kommunen gefragt. Es soll ein nachhaltiges Energiekonzept entstehen. Unternehmen und Kommunen können das aufgreifen und umsetzen, was im Projekt entsteht. Dies bedeutet eine Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen, von Wind- und PV-Anlagen. Kooperationen zwischen Unternehmen können sich langfristig weiterentwickeln. Die Erweiterung von Nahwärmenetzen und Dachphotovoltaik in Privathaushalten sind Thema. Das Energiekonzept soll für alle diese Aktivitäten einen Push geben. Strukturierte Daten und Fakten geben eine Informationsgrundlage und stellen transparent dar, was im Landkreis möglich ist und wer welche Sachen in die Hand nehmen kann. Es ist bekannt, wo welche Potentiale bestehen. Es besteht zum Beispiel eine Herausforderung darin, dass gerade Privathaushalte und lokale Unternehmen durch eine nicht zugeschnittene Informationsflut verunsichert sind. Im Energiekonzept sollen unterschiedliche Möglichkeiten aufgezeigt werden, etwa dass sich bestimmte Umsetzungen lohnen, wie etwa ein Privat-PV mit Photovoltaik. Wir versprechen uns einen Effekt, wenn das gut durch die Energieversorger kommuniziert wird.

Wie kann man sich Ihren Tagesablauf bei der European Academy, kurz EA, vorstellen?

Der Hauptteil meiner Aufgaben ist Koordination. Es sind etwa 50 Mitarbeitende, die im EnAHRgie-Projekt arbeiten. Wir haben 15 feste Verbundpartner, die in unterschiedlichen Stellenanteilen tätig sind. Unsere Herausforderung hier ist, dass dies ein transdisziplinäres Forschungsprojekt ist. Wir haben nicht nur unterschiedliche Fachdisziplinen auf wissenschaftlicher Seite, sondern auch sehr viele Praxispartner. Dadurch kann sich die Herangehensweise zwischen den einzelnen Disziplinen unterscheiden. Die Herangehensweise zwischen Praxispartnern und Wissenschaftlern ist grundlegend unterschiedlich. Das zu gestalten, zu koordinieren und zu führen ist im gewissen Sinne eine Herausforderung. Wir begleiten den Prozess für eine Energiewende im Landkreis Ahrweiler kommunikativ und partizipativ, indem wir ein Energiekonzept schreiben. Wir gestalten kein Einzelprojekt für eine lokal begrenzte Dorfgemeinschaft. Unsere Fragen sind nicht bloß, was ergibt sich da ringsum und wen braucht man da. Wir betreuen einen Landkreis, der mit 73 Kommunen sehr umfangreich ist. Für den Prozess überlege ich, wie dieser wissenschaftlich funktioniert und welche Rolle ich einnehmen muss. Hierfür gibt es wenig bis keine Beispiele. Dafür ist der Projektprozess einzigartig. Es braucht sehr viel Kommunikation, dadurch dass es keine Vorgabe oder Blaupause gibt, die man abarbeiten kann. Auch das Konzept der Reallabore trifft es gut. Man testet zusammen mit den Akteuren vor Ort bestimmte Modalitäten ergebnisoffen aus. In der Literatur zu Transdisziplinarität oder zu Reallaboren wird ein Clash von der Divergenz der unterschiedlichen Ziele, die mit dem Projekt verbunden werden, erwähnt. Die Akteure vor Ort wollen möglichst konkrete Ergebnisse und Anwendungsmöglichkeiten haben, sonst ist das für sie nicht interessant. Für sie ist es wichtig, dass man präsent ist und die Leute mitnimmt und dass man hier vor Ort die Interessen berücksichtigt. Für die wissenschaftliche Seite ist es eher umgekehrt. Hier möchten Sie Ergebnisse, die universell sind, allgemein einsetzbar, allgemein wirken und nicht so konkret spezifisch sind. Sie wollen keine konkreten Projekte einsetzen, sondern wissenschaftliche Publikationen schreiben. Das sind Ziele, die innerhalb des Projektes immer wieder aufs Neue zusammengebracht werden müssen.

Wie sind die Arbeiten im Team aufgeteilt? Wer ist beispielsweise noch aus der EA im EnAHRgie-Projekt mit Aufgabenschwerpunkten vertreten?

Dann fange ich mit Wolfgang Schlagwein an. Er betreut bei EnAHRgie den Bereich Vereine und Verbände. Hier hat man elf Verbände und Vereine aus dem Kreis Ahrweiler. Die haben sich darauf verständigt, dass Herr Schlagwein als Vertreter und Experte die Verbindung zur Innovationsgruppe aufrecht erhält, er sie gut vertritt und genügend Wissen mitbringt. Ja, sie möchten alle mitmachen, können dies aber nicht. Es gibt nämlich nur eine halbe Stelle für den Bereich. Sie brauchen einen Experten, der sie gut vertritt und genügend Wissen mitbringt und uns alle gut kennt und gut vernetzt ist. Herr Schlagwein vertritt die Zivilgesellschaft, die bei uns angesiedelt ist. Tanja Nietgen hat mit Gabriele Fohr und mir die Bevölkerungsumfrage betreut und macht jetzt vor allem die Netzwerkanalyse. Wir machen in Ahrweiler unterschiedliche Erhebungen, Interviews und Fragebögen. Wir verfolgen einzelne Erneuerbare Energien-Projekte und beobachten den gesellschaftlichen Prozess, im Zuge dessen man beispielsweise einen Windpark bauen kann. Wer bringt hier das Wissen oder das Geld mit? Wer weiß, wie man so etwas macht? Wie treffen die Projektbeteiligten sich? Betrachten wir mal zwei Gemeinden, die offiziell die gleichen Voraussetzungen haben, einen Windpark zu planen, zu bauen und zu organisieren. Juristisch und raumplanerisch passt es auch. Die einen stellen einen Antrag, die anderen nicht, trotz gleicher Voraussetzungen. Das heißt, es liegt meist auch am gesellschaftlichen Prozess, wie sie damit umgehen, sich vernetzen und koordinieren. Ein Kümmerer, der motiviert, ist wichtig. Eher suboptimal wäre ein Schwarzes Peter-Spiel, wo man schnell die Verantwortung weitergibt. Diese Voraussetzungen untersuchen Gabriele Fohr und Tanja Nietgen. Sie schauen, wie die Netzwerke ringsum gestrickt sind und ob sie zum Erfolg beitragen oder nicht. Dr. Markus Voge wertet hingegen mit mir die Bevölkerungsumfrage aus und erstellt Kartendarstellungen für die Darstellung des Energiekonzepts im EA-Lab. Wir haben bei der Bevölkerungsumfrage von etwa 1.600 Befragten Antworten erhalten. Markus Voge untersucht auch, wie man die Auswertung mit anderen Daten verknüpfen kann. Er hat eine Heat Map darüber erstellt, welche Einstellungen im Landkreis zu unserer Thematik vorherrschen. Das verknüpfen wir mit anderen, öffentlich zugänglichen Potentialdaten. Zum Beispiel überlegen wir, inwiefern beeinflusst die Nähe zu einem FFH (Fauna-Flora-Habitat)-Gebiet oder Naturschutzgebiet die Wahrnehmung oder Akzeptanz von Windkraft? Herr Voge betreut hier zusammen mit Dr. Bert Droste-Franke alle Ergebniskomponenten des Energiekonzepts, die wir im EA-Lab darstellen und mit den lokalen Akteuren diskutieren. Hier laufen die Ergebnisse aus unterschiedlichen Analysen der wissenschaftlichen Verbundpartner zusammen. Es liegt bei uns in der Verantwortung diese Datenerhebung zu koordinieren und die Ergebnisse so darzustellen, dass sie im Projekt und darüber hinaus diskutiert werden können.

Was sind aktuell die wichtigsten Fakten in den Projekten? Welche Erkenntnisse sind für die Gesellschaft besonders relevant?

Eine der größten Herausforderungen betrifft die Unsicherheit von Unternehmen, Kommunen und Privathaushalten was die Bezahlbarkeit und die Rentabilität von erneuerbaren Energien angeht. Aufgrund des sich in den letzten Jahren mehrfach angepassten Förderrahmens und der zunehmenden Vielfalt an Fördermöglichkeiten bei gleichzeitiger technologischer Entwicklung hin zu smarten Anwendungen fühlen sich viele Akteure schlecht beraten und verunsichert. Hier Klarheit und Übersicht zu schaffen und neue Geschäftsmodelle aufzuzeigen wäre eine zentrale Lösungsstrategie. Energieversorger wie die Stadtwerke können sich hier ein gewisses Feld erschließen. Wir schauen zum Beispiel, wie wir die Einzelentscheidungen von Haushalten und Unternehmen zusammenkriegen. Wir setzen uns mit den Möglichkeiten der Förderbedingungen auseinander. Dann ist da die Agency-Frage – welche Akteure müssen tatsächlich vermitteln? Welche Rollen werden übernommen und welche Rollen ändern sich auch? Früher haben die Stadtwerke Strom eingekauft und wieder verkauft. Heute produzieren die Stadtwerke nicht nur selbst, sondern verwalten und monitoren auch. Sie sind Stromerzeuger direkt vor Ort und Dienstleistungsanbieter für Einzelhaushalte und Unternehmen. Hier finden wir Wege, wie wir wissenschaftlich beraten und unterstützen können.

Das Verhältnis von Akzeptanz, Einbindung und Koordination ist ein weiteres Feld. Heutzutage ist es wirklich so, dass, gerade was raumwirksame Anlagen angeht, die Flächen einfach knapp sind. Ein Umweltverein oder Naturschutzverband sieht heute nicht mehr ein, dass es auf wertvolle Waldflächen menschliche Einflüsse gibt, und sei es durch die erneuerbaren Technologien, die „sauberen“ Strom erzeugen. Bei diesen knappen Flächen ist es so wertvoll, die Natur zu erhalten, dass sie selbst durch Windenergieanlagen, die wesentlich weniger umweltschädlich sind beziehungsweise geringere Risiken aufweisen als Atomkraftwerke oder Kohlekraftwerke, keine Eingriffe zulassen wollen. Hier eine Abstimmung zwischen den unterschiedlichen Interessen zu bekommen und auszuloten, wo trotzdem noch raumwirksame Anlagen realisiert werden können und wie man die Leute mitnehmen und einen Ausgleich schaffen kann, ist das zweite große Thema. Das beinhaltet auch die Kooperationen. Wer muss mit wem kooperieren, damit Synergien und neue Ideen entstehen? Das betrifft das Themenfeld der Vernetzungskooperationen und der Vernetzungsgeschichte.

Wo liegen Schwerpunkte Ihrer zukünftigen Forschungsinteressen? Was ist Ihnen hier besonders wichtig?

Im Kern interessiere ich mich für den gesellschaftlichen Prozess der Energiewende. Es begeistert mich, gesellschaftliche Voraussetzungen zu analysieren und unterschiedliche Wege aufzuzeigen, wie unter den unterschiedlichsten Bedingungen lokale Innovationen in Gang kommen können, die dann zu einer Umsetzung von konkreten Projekten führen. Es interessiert mich auch zu untersuchen, wie man Privathaushalte mehr für den Einsatz von erneuerbaren Energien motivieren kann. Wo gibt es hier Hemmnisse, vor allem auch was Gerechtigkeitsfragen angeht? Wer profitiert von der Energiewende? Wer kann tatsächlich mitmachen? Wer ist außen vor? Das sind Fragen der Exklusion und Inklusion in Bezug auf sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen. Das Mieterstrommodell sagt etwa, dass nicht bloß Hauseigentümer investieren können, sondern auch Mieter, die kein Eigentum und keine Dachflächen aus eigenem Besitz zur Verfügung stellen können. Auch Genossenschaftsmodelle stehen dafür, dass erneuerbare Energien keine Luxusangelegenheit mehr sind.